Fortschritt bedingt Korrekturen

Ueli Maurer
Ueli Maurer
Nationalrat Wernetshausen (ZH)

Seit den letzten Wahlen hat sich in der politischen Landschaft unseres Landes viel mehr verändert, als man gemeinhin wahrhaben will. Dies wurde mit dem Wechsel im Bundesrat, einem Meilenstein in der neueren Geschichte unserer Schweiz, ganz offensichtlich. Nur Medienschaffende, so genannte Experten und andere Parteien, wollten diese Veränderungen, die sich während Jahren entwickelten und anbahnten, nicht wahrhaben. Man hat sich über die SVP lustig gemacht, man hat sie totgeschwiegen und man hat ihre führenden Köpfe verteufelt oder lächerlich gemacht. Das neuste Beispiel, das ich diesbezüglich gehört habe, war ein Interview von Herrn Bundespräsident Deiss am 1. August im Westschweizer Radio: Er ist dort über die SVP hergezogen wie ein „geifernder Stammtischpolitiker“ der übelsten Sorte. Der gute Mann muss wegen des Erfolgs der SVP bis in die hinterste Ecke seiner Seele angeschlagen und verunsichert sein. Nur so lässt sich erklären, dass er sich in seiner Position derart gehen lässt. Dass die Führungscrew einer Partei einstecken muss, ist klar. Von einem Bundespräsidenten mit Charakter wäre aber nach dieser Entgleisung eine Entschuldigung gegenüber allen Wählerinnen und Wählern der SVP angebracht.

Der Aufruf zur „Vernunft“ ist ein Aufruf zum Grounding

Trotz den Veränderungen, die durch den Wählerwillen in den letzten Jahren herbeigeführt wurden, drängt sich die Mittepartei FDP schon wieder in die Nähe der linken Genossen. Nach eigenen Aussagen will sie – ich zitiere und mache keinen Rundumschlag, „einmal mit der Linken, einmal mit der SVP Mehrheiten suchen“. Immerhin hat die CVP nach jahrlangen Wirren offenbar zur neuen Stabilität gefunden: Es gibt kaum noch Abstimmungen im eidgenössischen Parlament, in denen sie nicht geschlossen und stramm hinter der Linken hermarschiert. Bundespräsident Deiss scheint auf diesem Kurs voranzugehen und geradezu mit Begeisterung den Takt anzugeben.

Jetzt, da nach den Wahlen erste Veränderungen in der Politik sichtbar werden, beispielsweise in der Asyl- und Ausländerpolitik durch den Bundesrat, hallt erwartungsgemäss der Ruf nach einer „Rückkehr zur Politik der Vernunft“. Linke und FDP drängen zurück in die geschützten Werkstätten des politischen Filzes der Achtziger und Neunziger Jahre. Man schanzt sich weiterhin Jobs zu und erkauft sich Vorteile mit dubiosen Wahlkampfspenden, die erst unter Druck tropfenweise an die Öffentlichkeit gelangen. Und flugs werden die bisher strahlenden und hochgejubelten Empfänger von solchen zweifelhaften Geldern zu Opfern umgepolt.

Wir wissen es: Es darf keine Rückkehr zu dieser Crash-Politik der letzten Jahre geben, eine Politik, die man hochtrabend als Koalition der Vernunft verkaufte. Die Politik von SP, FDP und CVP war alles andere als eine Erfolgsstory. Die letzten 15 Jahre – in denen die SVP zur „Nein-Sager-Partei“ wurde – geht als Politik des Versagens der vereinigten Mitte-links Parteien FDP, CVP und SP und eines uneinigen, führungsschwachen Bundesrats, in die Geschichte ein. Diese 15 Jahre waren geprägt von gemeinsamen Anstrengungen, Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu entmündigen und unsere freie, unabhängige Schweiz an Brüssel zu verschachern. Unabhängigkeit, Freiheit und Neutralität wurden kurzerhand so zu recht gebogen, dass ein EU-Beitritt möglich werden kann.

Mit dem Beitritt zu Schengen versucht der Bundesrat einmal mehr, das Volk mit vollmundigen Versprechen über den Tisch zu ziehen und es gefügig zu machen. Noch vor einem Jahr schworen die Mitteparteien unter Anrufung sämtlicher Heiligen, der EU-Beitritt sei für Jahre kein Thema. Inzwischen stehen diese Parteien zuvorderst, wenn die freiheitliche und unabhängige Schweiz auf dem Altar der Brüsseler Bürokraten geopfert werden soll. Was war und ist an dieser Politik so furchtbar fortschrittlich? Diese Politik ist nur furchtbar!

Die Politik der anderen Parteien und des Bundesrats hat in den letzten Jahren faktisch zum finanzpolitischen Grounding der Schweiz geführt. Die Schulden haben sich verdreifacht, Steuern, Abgaben und Gebühren auf allen Stufen nahezu verdoppelt. Die Staatsausgaben wachsen seit Jahren massiv rascher als die Wirtschaft. Die Zahl derer, die an der Infusionsflasche des Staates hängen, wird von Jahr zu Jahr grösser. Allen Versprechungen zum Trotz sind die Krankenkassenprämien gestiegen und geht die Invalidenversicherung Pleite. Was bitte soll an dieser Politik vernünftig gewesen sein? Einzig das Nein der SVP war in den letzten Jahren ein konstruktiver Vorschlag.

Auch bezüglich Asyl- und Ausländerzahlen wurde die Bevölkerung immer für dumm verkauft und angelogen. Jahrlang wurden Probleme schön geredet und verniedlicht. Dieser Etikettenschwindel hat die Steuerzahler Milliarden gekostet und nur zu mehr Gewalt, weniger Sicherheit und Missbräuchen geführt. Alle abgegebenen Versprechen zur Stabilisierung von Asyl- und Ausländerzahlen waren nicht einmal das Papier wert, auf dem sie geschrieben standen. Bürgerinnen und Bürger fühlen sich zu Hunderttausenden an der Nase herum geführt. Jahrelang stand das, was die Bürgerinnen und Bürger in ihren Gemeinden, Schulen, Quartieren usw. erlebten, in krassem Widerspruch zu den beschönigenden Worten aus Bundesbern. Die Schweizerinnen und Schweizer haben sich ihre eigenen Urteile oder Vorurteile bilden müssen. Nachdem das EJPD während Jahren nur heisse Luft produzierte, kommen nun unter neuer Führung konstruktive, umsetzbare Vorschläge. Diese gehen in die richtige Richtung und sind zu begrüssen, aber sie führen noch zu wenig weit. Trotzdem, oder gerade deshalb, herrscht Heulen und Zähneknirschen und man ruft nach der „guten, alten Zeit“. Doch das ist keine Lösung: Die Mitte-links Parteien und der Bundesrat sind für diese Missstände verantwortlich und haben nun ihren Teil zur Behebung beizutragen.

Wer in der Politik zurück zur alten Ordnung will, bringt die Schweiz endgültig an den Rand der politischen Selbstaufgabe und treibt Wirtschaft und Bevölkerung in den Ruin. Der ständig wiederholte „Aufruf zur Vernunft“ ist in den allermeisten Fällen ein Aufruf zur Fortführung der bisherigen Crash-Politik und damit letztlich der Weg ins staatspolitische und wirtschaftlichen Fiasko für den Standort Schweiz.

Immer wieder: Der Wählerauftrag der SVP

Wir stellen zusammenfassend fest, dass die Mehrheit der Politiker und des Bundesrates Mühe hat, die ausgetretenen und ins Nichts führenden politischen Pfade zu verlassen. Kraftlos und ohne eigene Orientierungshilfe schliessen sich Links und Mitte zusammen, um den vermeintlichen Widersacher, die SVP, gemeinsam und reflexartig zu bekämpfen. Es liegt deshalb an uns, die Missstände anzugehen und Lösungen aufzuzeigen, so wie wir das mit unserer Wahlplattform getan haben.

Dies ist uns soeben mit der Prämiensenkungsinitiative gelungen. Unser Vorschlag führt zur Aufhebung der „geschützten Werkstätten“ im Gesundheitsbereich, zu Transparenz, mehr Wettbewerb und damit zu einer besseren und bezahlbaren Qualität des Gesundheitswesens. Unsere Volksinitiative ist eine konstruktive Lösung für ein komplexes Problem. Es wird sich weisen, ob sich eine Mehrheit des Parlamentes zur dringend notwendigen Kurskorrektur durchringen kann. So oder so hat dank unserer Initiative dann aber das Volk das letzte Wort.

Neben den immer höheren Krankenkassenprämien müssen wir die Staatsfinanzen endlich in Ordnung bringen. Deshalb lehnt die SVP das Budget des Bundesrates für das kommende Jahr ab. Wir akzeptieren nicht zum wiederholten Mal ein Defizit in Milliardenhöhe, das erst noch auf geschönten Prognosen bei den Einnahmen basiert. Der Finanzminister hat unsere Unterstützung, wenn er mit konkreten Sparvorschlägen kommt. Wir fühlen uns aber nicht verpflichtet jedes Mal auf die Spielwiese zu rennen, wenn er wieder einen Versuchsballon steigen lässt. Ich lege Bundesrat Merz die Befolgung unseres Parteislogans nahe: „Taten statt Worte, Herr Finanzminister.“

Einen konsequenten Kurs fährt die SVP auch mit ihren Abstimmungsparolen vom 26. September. Im Gegensatz zu den anderen Parteien, die sich vor den Wahlen für tiefere Steuern eingesetzt haben, hält die SVP auch nach den Wahlen noch, was sie verspricht. So treten wir eben alleine gegen die Mutterschaftsversicherung an. Die FDP tarnt ihren ordnungspolitischen Sündenfall wieder einmal mit „Gesellschaftspolitik“ und wirft alle liberalen Grundsätze über Bord. Die letzten wirklich liberalen Köpfe bekommen Maulkörbe umgebunden. Für die SVP bleibt klar: Keine neuen Steuern, Gebühren und Abgaben. Wer das heute nicht mehr weiss, leidet nicht nur an Gedächtnisschwund, sondern hat wohl auch die Fähigkeit verloren, etwas zu lernen.

Auch bei den Einbürgerungsvorlagen geht es den drei anderen Bundesratsparteien darum, die Ausländerstatistiken zu schönen. Darum soll erleichtert oder automatisch eingebürgert werden. Eingebürgert werden darf aber nicht zum Zweck der Integration; eingebürgert wird, wer integriert ist. Dazu ist in jedem Fall eine klare Willensäusserung notwendig, die am Tag der Geburt schlicht nicht möglich ist. Ferner ist in unserem Parteiprogramm zu lesen, dass sich die SVP für die Aufhebung der doppelten Staatsbürgerschaft einsetzten wird. Ein entsprechender Vorstoss wurde durch Nationalrätin Jasmin Hutter eingereicht. Die SVP kämpft für schweizerische Werte und unsere Identität. Die Pflege einer nationalen Identität, wie auch ein gesunder Patriotismus, sind etwas Positives und nichts Verwerfliches. Mit Nationalismus hat das nichts zu tun.

Den Riegel schieben müssen wir auch der zunehmenden Einmischung des Bundesgerichts in die Politik. Mit unserer Volksinitiative „für demokratische Einbürgerungen“ wollen wir, dass der Souverän, also das Volk, bei Einbürgerungen wie seit eh und je endgültig das letzte Wort hat. Richter haben dem Volk nicht Willkür vorzuwerfen und demokratische Rechte abzusprechen. Die Bundesrichter treiben hier ein gefährliches Spiel. Der Grundsatz der Gewaltenteilung ist eine der wichtigsten Säulen unserer Demokratie. Judikative, Exekutive und Legislative haben klar definierte Aufgabenbereiche. Das Bundesgericht nun zunehmend Aufgaben des Parlaments übernimmt und Gesetze umstellt statt umsetzt, beunruhigt uns zutiefst. Wir werden in der Fraktion die Konsequenzen für die nächsten Bundesrichterwahlen zu diskutieren haben.

Ins gleiche Kapitel fällt das Bundesgerichtsurteil dieser Woche in Sachen Rassendiskriminierung. Das Bundesgericht hat den Antirassismusartikel verschärft und damit ein Gesetz, über welches das Volk vor zehn Jahren abgestimmt hat, abgeändert. Doch über Gesetze oder Gesetzesänderungen bestimmen in der Schweiz immer noch das Parlament, respektive das Volk. Im Abstimmungskampf zum Antirassismusartikel drehte sich die Diskussion wochenlang um die mögliche Einschränkung der freien Meinungsäusserung, beispielsweise an Stammtischen oder in Vereinen. Man versprach dem Volk damals, dass weder der Stammtisch noch die Vereins- oder Parteiversammlungen von der Rassismusstrafnorm tangiert würden, da diese als privat gelten. Seit dieser Woche ist das nicht mehr so. Mit dem neuesten Bundesgerichtsentscheid wurde praktisch die Privatsphäre abgeschafft. Künftig wird sich jedes Gericht der Schweiz auf den Bundesgerichtsentscheid dieser Woche stützen müssen. Rechtsprofessoren die behaupten, diese Gesetzesverschärfung gelte nur für Rechtsextreme, machen sich lächerlich.

Das Recht auf freie Meinungsäusserung darf vom Bundesgericht nicht derart eingeschränkt werden, die freie Meinungsäusserung ist ein Grundrecht. Die Privatsphäre der Bürger ist zu schützen, es ist schlicht und einfach nicht alles öffentlich. Die SVP wird in der Herbstsession Vorstösse zur Streichung des Antirassismusartikels aus dem Strafgesetzbuch einreichen. Die staatliche Kontrolle rund um die Uhr entspricht nicht unserem Ansatz zu einer freiheitlichen, eigenverantwortlichen Gesellschaftsordnung.

Schliesslich warten wir gespannt auf die Revision des Asyl- und Ausländergesetzes. Unsere Vorschläge, zum Teil seit Jahren auf dem Tisch des Hauses, werden nun diskutiert. Die Umsetzung der Vorschläge von Bundesrat Blocher sind aber nur ein erster Schritt. Deshalb liegt unsere dritte Asylinitiative nicht etwa in der Schublade, sondern zu oberst auf der Pendenzenliste.

Unsere Schweiz braucht mehr SVP zur Lösung der Probleme. Einmal mehr rufe ich die FDP auf, dazu Hand zu bieten. Die Damen und Herren haben nun lange genug gewartet und Tee getrunken. Jetzt ist Handeln angesagt. Die SVP stellt dazu die Zugpferde, Amtsschimmel hat es in den anderen Parteien und der Verwaltung genug.

Ueli Maurer
Ueli Maurer
Nationalrat Wernetshausen (ZH)
 
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