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Vernehmlassung

11. AHV-Revision (Leistungsrevision)

Die SVP lehnt die vorgeschlagene 11. AHV-Revision ab. Anstatt die längerfristige Finanzierung der AHV sicherzustellen, findet mit der vorgeschlagenen Einführung der Überbrückungsrente ein…

Antwort der Schweizerischen Volkspartei

Allgemeine Bemerkungen

Die SVP lehnt die vorgeschlagene 11. AHV-Revision ab. Anstatt die längerfristige Finanzierung der AHV sicherzustellen, findet mit der vorgeschlagenen Einführung der Überbrückungsrente ein Leistungsausbau statt, welcher den Liquiditätsengpass im AHV-Fonds sogar noch beschleunigen wird! Aus Sicht der SVP ist der Vorschlag unverantwortbar. Bei den Parteikonsultationen im Februar und im Rahmen des konferenziellen Vernehmlassungsverfahrens im Mai zeigten die Sozialversicherungsexperten des BSV plausibel auf, dass der AHV-Fonds zwischen 2010 und 2012 einen Deckungsgrad von unter 20% – also faktisch kein Geld – mehr haben wird. Angesichts dieser für die AHV höchst alarmierenden Tatsache, müssten seitens des Bundes alle notwendigen Schritte unternommen werden, um die AHV auch über das Jahr 2009 hinaus zu sichern! Gewisse richtige Schritte werden vorgeschlagen, indem unbestrittene Revisionspunkte früherer Revisionsversuche wieder aufgenommen werden, welche die SVP im Grundsatz unterstützte. Allerdings werden diese vorgeschlagenen Einsparungen mit der Einführung der Überbrückungsrente, welche auf dem Papier 400 Millionen, in der Realität aber wohl weit mehr kosten dürfte, mehr als nur überkompensiert. Die SVP könnte zwar vielen der gemachten Einsparungsvorschläge, insbesondere der Verlangsamung der Teuerungsanpassung sowie der Angleichung des Frauenrentenalters zustimmen, aber nur, wenn die Revision auf die Sanierung des Sozialwerks angelegt wäre. Die vorgeschlagene Revision bringt aber eine Umverteilung von vielen Personen hin zu einer kleinen Gruppe und keine Einsparungen: Frauen müssen länger arbeiten und die Teuerungsanpassung der Renten sowie die Witwenrente werden gekürzt, um bestimmten Personen eine Frühpensionierung mit voller Altersrente zu ermöglichen und gleichzeitig den Arbeitsanreiz für Personen ab 60 zu reduzieren, statt zu stärken. Die Ausgaben im AHV-Fonds bleiben dennoch im besten Falle unverändert hoch, statt dass sie gesenkt würden.

Eine solche Politik kann die SVP nicht mittragen. Unser wichtigstes Sozialwerk ist auch für die zukünftigen Generationen mit einer gesunden Finanzierung, versicherungstechnisch adäquaten sowie bezahlbaren Rentenleistungen sicherzustellen. Deshalb ist die vorliegende Revision, welche einzig dem Ausbau der Sozialleistungen, statt einer nötigen finanziellen Sanierung dient, entschieden abzulehnen. Würde die Überbrückungsrente ersatzlos gestrichen, könnte die SVP vielen gemachten Revisionsvorschlägen zustimmen. Eine Überbrückungsrente für eine kleine schwierig zu bestimmende Personenkategorie auf Kosten der erwerbstätigen Frauen, der kinderlosen Witwen sowie aller Rentner ist finanz- und sozialpolitisch unhaltbar!

Vorruhestandsleistungen für bestimmte Personenkategorien

Die vorgeschlagene Überbrückungsrente führt zu einem Ausbau der AHV-Leistungen, obwohl aufgrund der prekären finanziellen Lage im AHV-Fonds gespart werden müsste. Entgegen dem in der Vernehmlassungsvorlage erweckten Eindruck wird der Bundesanteil an den AHV-Fonds mit der Einführung der Überbrückungsrente nicht erhöht, sondern er bleibt mit 16.36% konstant. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass mit denselben Bundesmitteln höhere Leistungen finanziert werden müssen. Dadurch wird ein Liquiditätsengpass im AHV-Fonds sogar noch beschleunigt statt gebremst! Dies insbesondere, weil absehbar ist, dass die Überbrückungsrente mehr als 400 Millionen Fr. kosten wird, da sie zu negativen Anreizen führt, welche bei einer Erhebung der Kosten aufgrund der aktuellen demografischen, arbeitsmarkt- und sozialversicherungstechnischen Verhältnisse nicht berücksichtigt worden sind. Zudem ist der Kreis der Bezugsberechtigten sehr vage formuliert. Es ist daher absehbar, dass die Eruierung von „Überbrückungsrentnern“ zu Abgrenzungsproblemen führen wird. Dadurch werden insbesondere den kantonalen Ausgleichskassen Mehrkosten entstehen, welche in den Berechnungen des BSV nicht berücksichtigt wurden. Ein Überbrückungsrentenmodell bestand ausserdem bereits bei SBB und Privatbahnen, wo es aber schliesslich aufgrund finanzpolitischer Engpässe kläglich scheiterte. Eine Überbrückungsrente benachteiligt ausserdem Rentner, welche für Ihren Rentenvorbezug lebenslang auf einen Prozentsatz ihrer Rente verzichten müssen, während die Überbrückungsrentner Anspruch auf eine volle Rente haben. Die SVP wird daher die gesamte AHV-Revision ablehnen, falls eine Überbrückungsrente in die Revision integriert werden sollte.

Art. 103 Abs. 1 Bst. a AHVG

Es ist vollkommen unerklärbar, warum der sich sowieso in einer schwierigen Situation befindliche AHV-Fonds noch mit zusätzlichen Ausgaben in der Höhe von 400 Mio. Fr. belastet wird. Der Rahmenkredit von 2.2 Milliarden Fr. erweckt zwar den Anschein, dass sich der Bund stärker engagiere. Dies ist aber nicht der Fall. Der Rahmenkredit legt lediglich fest, wie der Bund die 16.36% seines Anteils innerhalb des AHV-Fonds verteilt. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass die geplanten Einsparungen bei den anderen Revisionspunkten praktisch wieder aufgehoben werden.

Art. 9c ELG

Die Abstellung auf die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Gewährung von Überbrückungsrenten würde dazu führen, dass in der AHV eine systemfremde Komponente eingeführt werden würde. Heute bezahlen alle denselben Prozentsatz an AHV-Beiträgen, egal ob Working Poor oder Spitzenverdiener. Bei Erreichen des Rentenalters erhalten auch alle wieder eine ähnliche Rente (zwischen Minimal- und Maximalrente). Personen mit geringen Renten erhalten zusätzlich Ergänzungsleistungen ausbezahlt. Dabei handelt es sich um ein Bedarfsleistungssystem. Der Vorschlag der Vorruhestandsleitungen droht die breite Akzeptanz der AHV in der Bevölkerung aufs Spiel zu setzen, da der Erhalt einer Rentenleistung an materielle Kriterien geknüpft wird und damit eine Art Doppelsolidarität entsteht und zwei Bedarfsleistungssysteme parallel geführt werden.

Zudem dürfte die Höhe der Rente dann höchstens eine einfache AHV-Rente und nicht das Eineinhalbfache ausmachen. Ein allfälliges Mehreinkommen müsste durch einen Nebenerwerb oder allenfalls die Sozialhilfe gedeckt werden. Wenn aber eine Person, wie vorgeschlagen wird, mit einer Vorruhestandsleistung fast 38’700 Fr. pro Jahr erhalten kann, so hat diese Person ab 60 keinen Anreiz mehr zu arbeiten! Zuerst wird zwei Jahre gestempelt und danach folgt eine dreijährige Überbrückungsrente. Schliesslich kann mit 65 Jahren eine volle AHV bezogen werden! Die Vorruhestandsleistungen werden sich also stark negativ auf die Arbeitsanreize auswirken. Dies wiederum wird die Kosten in der AHV, der IV sowie der Arbeitslosenversicherung massiv erhöhen. Die Angaben des BSV, welche auf einem Überbrückungsrentneranteil von 9% basieren sind daher wohl viel zu optimistisch kalkuliert.

Aufgrund der vagen Formulierungen zur EG-Verordnung Nr. 883/2004 muss zudem angenommen werden, dass das BSV bereits damit rechnet, dass die Überbrückungsrenten, trotz Finanzierung aus rein fiskalischen Mitteln, bald ins EU-Ausland exportiert werden müssen. Dies würde die Kosten dieser Vorruhestandsleistungen nochmals massiv erhöhen. Die SVP fordert das BSV auf, wenigstens sämtliche Sozialversicherungsabkommen mit Staaten ausserhalb der EU auf ihre finanziellen Folgen zu überprüfen, und allenfalls deren Kündigung ins Auge zu fassen.

Art. 9d ELG

Es ist unklar, warum ein Rahmenkredit benötigt wird. Art. 103 Abs. 1 Bst. a AHVG regelt bereits die Zuteilung der Bundesmittel an den AHV-Fonds und ein neuer Rahmenkredit führt nicht zur Zuteilung neuer Bundesmittel an den AHV-Fonds. Der einzig plausible Grund scheint darin zu bestehen, dass das BSV via Verpflichtungskredit eine Art Notbremse einbauen will, da es selber nicht an die postulierten Kosten der Überbrückungsrente glaubt. Wenn man aber die Kosten der Überbrückungsrente wirklich tief halten wollte, müsste man die Kostengrenze im Gesetz festschreiben. Der Verwaltungskostenanteil ist mit 4.5% der Gesamtsumme äusserst hoch und sollte stark reduziert werden.

Übergangsbestimmungen ELG

Es ist zu begrüssen, dass eine allfällige Einführung der Vorruhestandsleistungen befristet ist. Allerdings ist es mit Blick auf die Vergangenheit wenig wahrscheinlich, dass Sozialleistungen nach deren Einführung wieder abgeschafft werden. Daher sollten keine neuen AHV-Leistungen eingeführt werden!

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Vorsorgeleistungen

Es ist höchst problematisch die Finanzierung nicht im konkreten Gesetz vorzusehen. Die SVP verlangt daher, dass die Maximalsumme im Gesetz geregelt wird. Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Parlament die Beiträge wieder erhöht, ohne die Finanzierung nachhaltig zu sichern. Es ist ausserdem trügerisch, wenn der Bundesrat von jährlichen Kosten für die Vorruhestandsleistungen von 400 Mio. spricht, die Finanzierung über 4 Jahre aber schlussendlich 2.2 Milliarden beträgt. Dies zeigt, dass die Kosten für einen Jahrgang effektiv 550 Millionen Fr. und nicht 400 Millionen Fr. ausmachen (allerdings fallen in den ersten 4 Jahren lediglich 400 Millionen Fr. an Kosten an). Die wesentlichen Finanzierungsbestimmungen (Maximalhöhe) müssten daher in Art. 9d ELG festgeschrieben werden.

Schlussbemerkungen

Die SVP versteht nicht, warum der Bundesrat in Zeiten absehbarer Liquiditätsengpässe in der AHV nicht alles Notwendige unternimmt, um die AHV zu sanieren. Wenn der Bevölkerung klar gemacht wird, wie schlimm es um die eigene Rente steht, wird sich diese auch zu schmerzhaften Einschnitten bereit erklären. Da es aber das BSV unterlässt, der Bevölkerung reinen Wein über die Situation einzuschenken, ist in der Bevölkerung noch immer der Aberglaube allgegenwärtig, dass die AHV noch über Jahrzehnte sicher sei. Dem ist leider nicht so! Umso verantwortungsloser ist der vorliegende Vorschlag, welcher insgesamt eine Scheinreform darstellt. Mit der Vorruhestandsleistung findet ein kostspieliger Leistungsausbau statt, welcher die einschneidenden Einsparungsschritte mit grösster Wahrscheinlichkeit überkompensieren wird. Die Finanzierungsprobleme bleiben aber bestehen oder werden gar noch vergrössert. Eine solche unnachhaltige Politik kann die SVP nicht mittragen. Daher wird sie die vorgeschlagene Revision im Parlament ablehnen.

 
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