Aus Sicht der SVP ist die Vorlage Stand heute grundlegend zu überarbeiten. Sie löst das wesentliche Problem nicht, dass die bürokratische Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) häufig in unangemessener Art und Weise interveniert und die Kommunikation regelmässig mangelhaft und nicht einfühlsam ist. Aus Sicht der SVP braucht es eine grundlegende Neuregelung des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts bzw. der als «Sozialindustrie» ausgestalteten KESB. Die Vorlage genügt diesem dringenden Anspruch in keiner Weise.
Die vorliegende «Revision» passt das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht punktuell an, ohne dieses neu auszurichten. Im Zentrum stehen Neuregelungen betreffend das Institut des Vorsorgeauftrags, eine Erweiterung der gesetzlichen Vertretungsrechte sowie die Neuregelung der Melderechte- und Meldepflichten.
Keine Behörde hat so viel Macht wie die KESB und es kann jeden von uns jederzeit treffen: Wegen eines Unfalls, einer Krankheit, einer vermeintlichen oder effektiv beginnenden Demenz, oder auch nach einer Gefährdungsmeldung, kann die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde über die Betroffenen verfügen. Jeder kann anonym und kostenlos eine Gefährdungsmeldung gegen jemanden einreichen und die KESB muss aktiv werden. Als Konsequenz kann die KESB einen fremden Berufsbeistand einsetzen, der zusammen mit der KESB über die betroffene Person, den jeweiligen Aufenthaltsort, das Vermögen, das Haus, die Wohnung oder sogar über eine Familienunternehmung bestimmen und verfügen kann. Deshalb braucht es aus Sicht der SVP eigentlich eine grundlegende Revision des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts, denn die Fehlerquote der alten Vormundschaftsbehörde hat bei 3 Prozent gelegen, die der KESB beträgt 18 bis 20 Prozent.
Aus Sicht der SVP ist es zwar begrüssenswert, dass die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismässigkeit weiter gestärkt werden sollen; wir teilen diese Zielsetzung und stimmen der ausdrücklichen Verankerung des Grundsatzes der «Subsidiarität» mittels Art. 389 Abs. 1 Entwurf grundsätzlich zu. Ebenfalls der beabsichtigten Förderung des Selbstbestimmungsrechts in Form der eigenen Vorsorge kann im Grundsatz zugestimmt werden. Dass neu Vorsorgeaufträge bei einer Amtsstelle hinterlegt werden können, fördert grundsätzlich die Selbstbestimmung, jedoch ist die einhergehende Validierung durch die KESB unbedingt aus der Vorlage zu streichen.
Weiter will die vorliegende Revision die Forderung berücksichtigen, dass den gesetzlichen Vertretern von hilfsbedürftigen Personen mehr Rechte einzuräumen sind, um damit die Intervention der Erwachsenenschutzbehörde zugunsten der innerfamiliären Solidarität zu beschränken. So soll der Kreis der gesetzlichen Vertreter auf faktische Lebenspartner ausgedehnt und ihre Vertretungsrechte gestärkt werden. Dies insbesondere mit der gesetzlichen Neudefinition des Begriffs der nahestehenden Person. So sollen Behörden in Zukunft stets prüfen, ob eine nahestehende Person vorhanden ist, welche als Beistand eingesetzt werden könnte. Aus Sicht der SVP stimmt die Stossrichtung.
Weiter will die Vorlage eine Revision der Melderechte und -pflichten vorschlagen sowie insbesondere den Rechtsschutz hilfsbedürftiger Personen verbessern. Dies indem Anpassungen der Regelung im Bereich des Beschwerdeverfahrens bei der fürsorgerischen Unterbringung vorgenommen werden (Umsetzung der Mo. 19.4586 Lukas Reimann, …«Kompetenzkonflikte dürfen den Rechtsschutz nicht ausschalten»). Die SVP stimmt der Umsetzung der Mo. 19.4586 zu.
Schlussendlich will die Vorlage eine gesetzliche Grundlage für schweizweite Statistiken zum Kindes- und Erwachsenenschutz schaffen (Umsetzung der Mo. 21.4634 Martina Bircher). Aus Sicht der SVP ist diese gesetzliche Grundlage notwendig, um überhaupt eine aussagekräftige Auswertung vornehmen zu können.
Die homöopathisch anmutenden Anpassungen vermögen tatsächlich in die richtige Richtung zu gehen, genügen aber keinesfalls, um die als «Sozialindustrie» ausgestaltete KESB zugunsten einer angemessenen Vormundschaftsbehörde zurückzubinden. Die Vorlage ist nun insbesondere dahingehend enttäuschend, dass unter dem Titel einer «Revision des Erwachsenenschutzrechts» unsere Erwartung keinesfalls erfüllt wurden.