Editorial

Landwirtschaft nicht auf dem Altar des Freihandels opfern

In den letzten dreissig Jahren hat sich die Anzahl der Bauernbetriebe in der Schweiz von über 90’000 auf 52’263 (2016) praktisch halbiert. Jährlich verschwinden immer noch über tausend Betriebe. Der Bundesrat schätzt, dass sich dieser Strukturwandel auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Doch anstatt sich für eine Verbesserung der inländischen Rahmenbedingungen und für die produzierende Landwirtschaft einzusetzen, diskutiert Bundesrat Schneider-Ammann an der 11. WTO-Ministerkonferenz in Buenos Aires lieber Fragen im Zusammenhang mit dem internationalen Freihandel.

Werner Salzmann
Werner Salzmann
Nationalrat Mülchi (BE)

Am 1. November veröffentlichte der Bundesrat seine Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik. Die SVP nahm dazu bereits Stellung. Klar ist, dass der Bundesrat die Realitäten in der Landwirtschaft völlig ignoriert. Anstelle, dass er die dringend notwendigen Verbesserungen der hiesigen Rahmenbedingungen anpackt, macht er sich für den internationalen Agrarfreihandel stark. Den klaren Entscheid von Volk und Ständen vom 24. September zur Ernährungssicherheit führt er damit ad absurdum. Denn der von Bundesrat jetzt eingeschlagene Weg raubt den bäuerlichen Familienbetrieben die Existenzgrundlage und stellt die inländische Nahrungsmittelproduktion damit in Frage.

Nimmt der Bundesrat die Wünsche der Bevölkerung überhaupt noch ernst?
Aktuelle Umfragen zeigen, dass sich die Bevölkerung eine Landwirtschaft wünscht, die mit Familienbetrieben einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Region leistet, die ein hohes Umweltschutz- und Tierschutzniveau unterhält und in der heutigen Grössenordnung (d.h. keine Massenproduktion) produziert. Für mich ist erwiesen, dass der Bundesrat mit seinen Grenzschutz-Abbauplänen einen Strukturwandel herbeiführt, der in genau die gegenteilige Richtung dieser Wünsche geht und damit die Versorgungssicherheit der Schweiz mit inländischen Nahrungsmittel gefährdet. Diese Session konfrontierte ich den Bundesrat mit dieser Frage, zwei Nationalratskollegen wendeten sich ebenfalls mit kritischen Fragen im Zusammenhang mit dem Freihandel an unsere Landesregierung. Die darauf gegebenen bundesrätlichen Antworten sind ernüchternd.

Bundesrat drängt auf Abbau der Agrarzölle
Der Bundesrat bestätigt, dass der Abbau des Schweizer Grenzschutzes im Agrarbereich Bestandteil der geführten Verhandlungen u.a. auch mit den Mercosur-Staaten sei. Die Mercosur-Staaten haben von Anfang an klar signalisiert, dass sie das Ambitionsniveau beim Zugang zu allen Bereichen ihres Marktes auch vom Marktzugang im Landwirtschaftsbereich abhängig machen. Sie haben bedeutende Interessen am Export ihrer Fleischprodukte, von Früchten und Gemüse, Ölsaaten und Getreide zu Futterzwecken sowie Zucker. Wenn die Agrarzölle in diesen Bereichen gesenkt oder aufgehoben würden, muss die Schweiz die inländische Produktion dieser Nahrungsmittel aufgeben. Der Bundesrat vertritt damit einmal mehr nicht die Interessen unserer produzierenden Landwirtschaft. Viel mehr ist er bereit, die Bauernfamilien auf dem Altar des internationalen Freihandels zu opfern.

Während der Bundesrat verhandelt, geht das Bauernsterben weiter
Ein Blick auf die Entwicklung der Schweizer Bauernbetriebe zeigt unmissverständlich, wie destruktiv sich der Strukturwandel auf den Agrarbereich auswirkt. 1990 hatten wir noch über 90’000 Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz, diese Zahl hat sich laufend reduziert und betrug im 2016 nur noch 52’263 Betriebe. Jährlich müssen damit etwa 2 Prozent der Bauernhöfe ihren Betrieb für immer einstellen. Vor diesem Hintergrund müsste der Bundesrat eigentlich damit beschäftigt sein, mit Nachdruck griffige Massnahmen an die Hand nehmen, um das betriebliche Einkommen der Bauernfamilien zu stärken.

Was macht aber unser Landwirtschaftsminister? Er sonnt sich im internationalen Scheinwerferlicht in Buenos Aires an der 11. WTO-Ministerkonferenz im internationalen Scheinwerferlicht. Die produzierende Schweizer Landwirtschaft lässt er hingegen im Regen stehen. Die SVP lehnt alle internationalen Verpflichtungen ab, die die Grundlagen für unsere heimische landwirtschaftliche Produktion gefährden, die nationale Stellung der Schweizer Bauern schwächen und eine heimische Lebensmittelproduktion verunmöglichen.

Link auf die in dieser Session gestellten Fragen an den Bundesrat
Frage Marcel Dettling «Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Mercosur»:
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20175533

Frage Werner Salzmann «Agrarpolitik 22+. Nimmt der Bundesrat die Wünsche der Bevölkerung ernst?
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20175534

Frage Toni Brunner «Entwicklung der Bauernbetriebe»
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20175564

Werner Salzmann
Werner Salzmann
Nationalrat Mülchi (BE)
 
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