Wenn wir unsere Löhne und die Beschäftigung behalten wollen, müssen wir wieder selber bestimmen können, wer einreisen darf

Extrablatt Extrablatt September 2020

Für die international tätige Unternehmerin Magdalena Martullo ist klar, viele EU-Länder sind wirtschaftlich am Boden. Mit der steigenden Arbeitslosigkeit kommen nun noch viel mehr Zuwanderer in die Schweiz. Durch die Personenfreizügigkeit ist dies möglich, obwohl auch die Menschen in der Schweiz unter der Wirtschaftskrise leiden. Deshalb sei es nun dringend nötig, dass die Schweiz die Zuwanderung wieder selber steuere statt von billigen EU-Zuwanderern überrollt zu werden.

Frau Martullo, Sie führen ein international exportierendes Industrieunternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz. Die Corona-Pandemie hat eine weltweite Krise ausgelöst – wie schätzen Sie die Wirtschaftslage ein?
Den wirtschaftlichen Schaden werden wir noch länger spüren. Die Wirtschaft wird sich nur langsam erholen.

Welche Auswirkungen hat dies auf die Schweizer Wirtschaft?
Sie büsste etwa 20% der normalen Wirtschaftsleistung ein. Einzelne Branchen wie das Gastgewerbe kamen über Wochen fast vollständig zum Erliegen. Insbesondere im Exportgeschäft wird die Wirtschaft nur langsam wieder in den Zustand von vor der Krise zurückkommen. Das betrifft viele Beschäftigte in der Schweiz: Rund ein Viertel sind noch in Kurzarbeit und die Arbeitslosenquote ist so hoch wie schon lange nicht mehr. Bis Ende Jahr sollen in der Schweiz 100’000 Stellen verschwinden. Ältere und jüngere Menschen sind besonders stark betroffen.

Welche Massnahmen müssen nun in der Schweiz ergriffen werden?
Es ist wichtig, dass wir unsere eigenen Leute zuerst beschäftigen. Nur dort, wo diese fehlen, sollen Ausländer zuwandern können. Eine Studie zeigt, dass heute nur jeder 5. Zuwanderer in einem «Mangelberuf» arbeitet! 4 von 5 Ausländern kommen also nicht, weil wir sie im Arbeitsmarkt brauchen, sondern einfach weil sie frei zuwandern können. Sie verdrängen Schweizer oder andere Ausländer, welche bereits im Land sind und auch dort arbeiten könnten. Die Löhne werden gedrückt. Im Tessin reduzierte die Zuwanderung die Löhne bereits um 20%. Wenn wir unsere Löhne und die Beschäftigung behalten wollen, müssen wir wieder selber bestimmen können, wer zuwandern darf. Das machen alle Länder so, auch die EU gegen aussen!

Wird die Krise zu mehr Zuwanderung in die Schweiz führen?
Natürlich! Die Arbeitslosenzahlen sind in allen EU-Ländern massiv gestiegen. Die Unterstützungsprogramme wirken dort zu langsam oder versanden. Deshalb suchen viele EU-Bürger das Glück im Ausland. Die Schweiz ist attraktiv. Mit der Personenfreizügigkeit haben alle EU-Ausländer das Recht, jederzeit in die Schweiz einzuwandern.

Als international tätige Unternehmerin kennen Sie die Herausforderungen der Schweizer Exportwirtschaft bestens. Am 27. September stimmen wir über die Begrenzungs-Initiative ab. Diese sieht vor, dass die Schweiz die Zuwanderung wieder selber steuert. Wo sehen Sie hier die Vorteile aus wirtschaftlicher Sicht?
Jene Personen, die die Wirtschaft braucht und die in der Schweiz nicht vorhanden sind, sollen einfach und unbürokratisch einwandern können. Aber Personen aus dem Ausland einstellen, nur weil sie billiger sind, das geht nicht. Ein EU-Bürger hat vom 1. Tag an Anspruch auf Schweizer Arbeitslosengeld, wenn er vorher in der EU gearbeitet hat! Wir zahlen auch Arbeitslosengelder ins Ausland, diesen Arbeitslosen begegnen wir gar nie – aber wir bezahlen sie mit unseren steigenden Lohnabzügen! Unsere Sozialversicherungen sind jetzt schon finanziell völlig aus dem Lot geraten. Indem wir Mass halten bei der Zuwanderung verbessern wir hier die Situation.

Die Gegner der Begrenzungs-Initiative behaupten, die Schweizer Wirtschaft könne bei einem Ja zur Begrenzungs-Initiative keine Arbeitskräfte aus der EU rekrutieren.
Wieso nicht? Wir steuern einfach selber, statt uns von einem Schwall von EU-Bürgern überrollen zu lassen. Inländer müssen aber Vorrang haben. Das ist auf der ganzen Welt so! Wenn wir in den USA, in China, in Mexiko oder Japan jemanden aus dem Ausland einstellen wollen, bekommen wir dafür nur eine Einwanderungsbewilligung, wenn vor Ort keine Arbeitskräfte verfügbar sind!

Zudem wird behauptet, die Schweizer Wirtschaft verliere den Zugang zum EU-Binnenmarkt.
Natürlich nicht. Nur der Zugang für Personen wird wieder geregelt. Wir bestimmen wieder selber, wann jemand zuwandern darf. Der Marktzugang für Exporte ist nicht im Personenfreizügigkeitsabkommen geregelt, sondern hauptsächlich im Freihandelsabkommen von 1972. Zudem gilt hier der freie Handel nach WTO-Regeln. Das Personenfreizügigkeitsabkommen ist Teil der Bilateralen I, die 7 kleinere Verträge umfassen. Die Begrenzungs-Initiative verlangt, dass der Bundesrat in 12 Monaten mit der EU eine neue Regelung zur Personenfreizügigkeit verhandeln muss. Sonst muss er das Personenfreizügigkeitsabkommen künden. So weit wird es die EU aber kaum kommen lassen, weil sie mit den Bilateralen I viele Vorteile hat. Falls doch, dann
verhandeln wir halt neue, bessere Bilaterale-I-Verträge!

Die Briten haben die EU vor allem wegen der Personenfreizügigkeit verlassen, in Frankreich diskutiert man über einen Inländervorrang und auch in Deutschland fordert die CDU eine Beschränkung der Zuwanderung.
Gerade bei der hohen Arbeitslosigkeit in den meisten EU-Ländern kommen die Regierungen unter Druck, die eigenen Leute zu beschäftigen. Das geht mit der Personenfreizügigkeit der EU nicht, wo laufend billigere Ausländer zuwandern. Es ist bezeichnend, dass nicht nur die Schweiz, sondern auch Grossbritannien und Frankreich gemerkt haben, dass die Personenfreizügigkeit grosse Nachteile für die eigenen Bürger bringt. Grossbritannien hat nun mit der Schweiz bereits einen neuen Vertrag abgeschlossen. Wenn man frei verhandeln kann, findet man bessere Lösungen. Unsere Regierung hat, trotz der vom Volk angenommenen Masseneinwanderungsinitiative, gar nie mit der EU über die Zuwanderung verhandelt! Mit der Begrenzungs-Initiative bekommt der Bundesrat einen klaren Auftrag, dass es mit der grenzenlosen Zuwanderung nicht mehr weitergehen kann und dass er mit der EU bessere Lösungen verhandeln muss!

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über den Autor
SVP Nationalrätin (GR)
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