Weshalb läuft so vieles falsch bei der Integration von ausländischen Schülern?

Extrablatt Extrablatt Februar 2013

Ariane Doyen, Lehrerin/Psychopädagogin, verheiratet und Mutter von vier Kindern, Flantey (VS)

Unter dem Vorwand der Chancengleichheit werden ausländische Schüler, welche nicht einmal eine unserer Sprachen beherrschen, auf Biegen und Brechen in reguläre Klassen integriert…

Unter dem Vorwand der Chancengleichheit werden ausländische Schüler, welche nicht einmal eine unserer Sprachen beherrschen, auf Biegen und Brechen in reguläre Klassen integriert. Dabei werden sie vom Rhythmus der in einer Fremdsprache vermittelten Inhalte oftmals überfordert, fristen in der Folge ein Aussenseiterdasein und werden ausgegrenzt.

Heute fürchtet man sich vor jeder möglichen Ausgrenzung und Stigmatisierung der Schüler. Man fürchtet sich davor, zu viel Leistung zu fordern, aus Angst, man könnte dadurch die Individualität der Schüler beschneiden. Die Bildung von Spezialklassen, welche den Kompetenzen und Anforderungen bestimmter Schüler entsprächen, wird tunlichst vermieden.

So werden Schüler, welche unsere Sprache nicht einmal ansatzweise beherrschen, direkt in die regulären Klassen integriert.

Es handelt sich dabei darum um die Patentrezepte gewisser Pädagogen, die Prinzipien der sogenannt „integrativen Bildung" umzusetzen, welche sämtliche Schüler in reguläre Klassen integriert, davon ausgehend, dies sei der einzig richtige Weg, um die Offenheit für Vielfalt, eine bessere Akzeptanz der Unterschiede und eine Verbesserung des Klassenklimas zu erreichen.

Der ausländische Schüler wird zurückgelassen
Wird ein ausländischer Schüler unabhängig seiner sprachlichen Kompetenz in eine normale Schulklasse zugelassen, ist ein solcher Schüler mit der Schwierigkeit der Sprache oftmals hoffnungslos überfordert und wird abgehängt und zurückgelassen.
Besser wäre, man würde solchen Schülern erlauben, erst einmal die sprachlichen Grundlagen zu erlernen, in sämtlichen Unterrichtsfächern Rücksicht auf die sprachlichen Defizite zu nehmen und diese zu beheben versuchen. Letztendlich ist es die sprachliche Hürde, welche es zu überwinden gilt, um in den anderen schulischen Disziplinen wie auch im sozialen Kontext Fuss zu fassen.
Die Einzigartigkeit, welche anfangs interessant scheinen mag, ist letztlich oftmals der Grund, weshalb Schüler ausgegrenzt werden und sich im Anschluss isoliert und alleine fühlen. Häufig beginnen solche Schüler dann ihre Verzweiflung mit Wut und Aggressivität zu kompensieren, oder aber sie verschliessen sich ihrer Umwelt immer mehr.
Der Glaube, dass die totale Integration eine Chance für alle sei, ist verfehlt. Vielmehr ist dies ein Konstrukt, welches niemandem wirklich gerecht wird. Paradoxerweise wird mit dem Versuch der totalen Integration gerade der Ausgrenzung Vorschub geleistet.
Und was soll man zum Lehrer sagen, welcher mit dieser schwierigen Situation umgehen muss?

Lehrer im Dilemma. Wen opfern?
Sollen Lehrer ihren Unterricht den Anforderungen einiger weniger Schüler anpassen und im Gegenzug die übrigen Schüler dadurch benachteiligen? Lehrer können ihren Unterricht nicht in verschiedene Niveaus aufteilen, ohne dass die Qualität des vermittelten Wissens darunter leidet. Lehrer können sich auch nicht um mehr als eine Gruppe Schüler kümmern, ohne dass die Disziplin darunter leidet und es zu Problemen kommt.
Es ist unvermeidlich, die Notwendigkeit von spezialisierten Lehrkräften anzuerkennen, welche sich um Schüler mit Migrationshintergrund kümmern. Dadurch könnte vermieden werden, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer mit Herausforderungen konfrontiert sind, welche sie gar nicht lösen können und sie oftmals mitten im Schuljahr an den Rand eines Burnouts bringen.
Man stellt fest, dass Schüler, welche ihren Kompetenzen und Bedürfnissen entsprechend unterrichtet werden, in der Regel innerhalb eines Jahres ihr Selbstvertrauen zurückerlangen und Perspektiven sehen. Dies aufgrund des Umstands, dass sie ihre sprachlichen Fähigkeiten ausbauen konnten.
So ist es ihnen schliesslich möglich, in eine normale Schulklasse integriert zu werden, mit ihren Mitschülern zu kommunizieren, bislang vernachlässigte Fähigkeiten zum Ausdruck zu bringen und endlich über die unerlässlichen Fähigkeiten zu verfügen, um im normalen Schulalltag bestehen zu können. Erst so gibt man diesen Kindern überhaupt eine Chance.

Doyen Ariane, Lehrerin/Psychopädagogin, verheiratet und Mutter von vier Kindern, Wohnort-(Unterwallis)

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